Libanons Christen vor dem Untergang ?
Die Hisbollah hat ein Land in Geiselhaft. Der Libanon, einst die „Schweiz des Nahen Ostens“, ist erneut in Gefahr völlig zerstört zu werden und im Bürgerkrieg zu versinken.
Im Süden des Landes haben die extremistischen Muslime der Hisbollah faktisch einen eigenen Staat gegründet. Von dort aus beschießen sie israelische Ortschaften mit Raketen und liefern sich kleine Scharmützel mit der israelischen Armee.
Doch Anfang Juli überspannten die Extremisten den Bogen. Sie entführten zwei israelische Soldaten und verschleppten sie in ihre Verstecke im Libanon. Daraufhin griff die israelische Armee Dutzende von Zielen im Zedernland an. Die Aufforderung war klar: Libanons Regierung soll endlich für Ordnung und Stabilität sorgen und die fanatische Miliz auflösen. Doch Libanons Regierung ist schon lange nicht mehr Herr im eigenen Haus. Die Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre hat den ausgeklügelten Religionskompromiss von 1943 längst überholt. Damals, bei der Unabhängigkeit, wurden Regierungs- und Parlamentssitze nach der Größe der religiösen Gruppen vergeben. Christen, Sunniten und Schiiten teilten sich die Macht im Land aus Angst, der jeweils Andere könnte stärker werden. Ein ständiges Belauern war die Folge.
Angst vor dem Bruderkampf
So kam der Bürgerkrieg von 1975 nicht ganz unerwartet. In einem jahrelangen Hauen und Stechen versank das blühende Land im Chaos. Massaker, Straßenkämpfe, Bombenattentate – jeden Tag floss Blut. Diese Erfahrung steckt jedem Libanesen in den Knochen, weshalb er nichts mehr fürchtet, als einen neuerlichen Ausbruch des Bruderkampfes. Nur so ist es zu verstehen, dass die Regierung jahrelang zusah, wie eine Terrorbande im Süden des Landes einen Staat im Staate errichten konnte. Die Hisbollah provozierte aber nicht nur Israel. Auch die letzten Christen im Süden des Landes sind der Willkür und dem Wahn der „Gotteskrieger“ ausgesetzt.
Für viele Christen war und ist es unverständlich, wie ihre eigene Regierung dem Treiben der Hisbollah zusehen konnte. Unbegreiflich ist auch die Passivität der vielbeschworenen „Weltgemeinschaft“. Kann man sich vorstellen, daß eine antifranzösische Terrorgruppe in der Nähe von Freiburg Raketenstellungen aufbaut und immer wieder tödliche Geschosse nach Straßburg oder Mühlhausen schießt? Wie würde die französische Regierung sich verhalten? Müsste sie nicht die Deutschen auffordern, das Treiben der Terroristen zu unterbinden? Und wenn dies nicht geschähe, aus Angst oder Sympathie, müsste nicht die französische Armee für Ordnung an ihren Grenzen sorgen?
In dieser Lage ist der Libanon. Die eigene Armee ist ein Zwerg im Vergleich zur hochgerüsteten Hisbollah. Jeff Gedmin, Leiter des Aspen-Instituts, einer politikwissenschaftlichen Denkfabrik, in Berlin, sagt wehmütig: „Es bleibt Israel überlassen, die schmutzige Arbeit zu tun.“
Auf staubigen Straßen
Alles drängt, fährt und schiebt sich nach Norden. Im Süden herrschen Krieg und Terror. Auf den staubigen Landstraßen bewegen sich die Flüchtlingstrecks voran. Es ist heiß, die Straßen sind schlecht, kaum einer hat Benzin für einen Wagen. Zu Fuß, auf Eseln und Pferden geht es vorwärts. Die Kinder schreien, die Alten grämen sich. In all dem Durcheinander muss jeder darauf achten, dass die Familien nicht getrennt werden.
Völlig erschöpft können die Flüchtlinge nur auf gnädige Aufnahme von Verwandten, Freunden oder Glaubensgeschwistern hoffen. Vera H. hilft christlichen Flüchtlingen seit Jahren, die im Libanon stranden. „Zuerst halfen wir den christlichen Sudanesen, nach 2003 den immer zahlreicher werdenden irakischen Flüchtlingen und jetzt kümmern wir uns um unsere ‚eigenen’ Leute“. Die Christen im Nahen Osten sind gut vernetzt. Ärzte schließen ihre Praxen, um im Libanon zu helfen, Lastwagenfahrer nehmen Urlaub und transportieren Decken und Lebensmittel zu den Bedrängten. In Stunden freiwilliger Arbeit packen Gemeinden Pakete und sammeln Spenden. Die HMK hat für die Soforthilfe 20.000 Euro an die nahöstlichen Partner transferiert, damit
die ersten Kosten sofort bezahlt werden können.
Auch einige christliche Familien der Fischer von Tyrus machten sich auf den Weg in den Norden. Seit etwa drei Jahren begannen sie, ihre missliche Situation zu meistern. Durch einen HMK-Fonds erhielten sie Geld, um neue Netze zu kaufen, ihre Boote reparieren zu lassen und so den Sabotageakten der Hisbollah entgegenzuwirken. Damit ist es jetzt vorbei. Der Hafen von Tyrus ist natürlich ein militärisch herausragendes Ziel. Auch hier hat sich die Hisbollah berechnend-feige mitten unter die Zivilisten geschlichen. Sie stationieren ihre Raketenwerfer neben harmlosen Bootshäusern. Die israelische Armee kann so nur verlieren: entweder sie scheut den Angriff, um zivile Opfer zu vermeiden, dann kann die Hisbollah ungefährdet terrorisieren. Oder die Armee beschießt die Raketenstellung, es kommt zu zivilen Opfern und Israel steht vor der Welt als skrupelloser Kindermörder da. „Einige der Fischerfamilien konnten wir mit Handy in Richtung Beirut lotsen. Bei einigen dauerte das Tage“, sagt Vera H. „Andere sind verschollen. Wir wissen, dass sie Tyrus verlassen haben, doch ihre Spur verliert sich irgendwo auf der Straße nach Norden.“ Und es gibt die besonders Trotzigen: die ihre Stadt nicht verlassen und eher sterben, als zu flüchten. Zu ihnen wird man erst nach einem Waffenstillstand Kontakt aufnehmen können.
Falsche Solidarität
„Was mich am meisten ärgert“, erzählt George H., ein Christ aus dem Süden, „ist, dass man mich jetzt in eine Solidarität mit der Hisbollah drängen will. Die letzten sechs Jahre töteten die fanatischen Muslime viele meiner Freunde, ich wurde wegen meines Glaubens diskriminiert. Es ist gut, wenn die Hisbollah unser Land verlassen muss, wie auch immer.“ Dem widerspricht sein Freund Jeremias. Er grollt den Israelis noch immer, dass sie vor sechs Jahren den Süden einseitig räumten. „Wir hatten die Hisbollah auf dem Hals. Wir Christen können es drehen wie wir wollen. Entweder besetzen uns die Israelis oder die einheimischen Muslime vertreiben uns. Was ist das für eine Wahl?“ So geht der Konflikt mitten durch die Christen.
Was droht als Nächstes? Kommt der von allen gefürchtete Bruderkrieg? Gelingt es den Scharfmachern auf allen Seiten, Christen gegen Muslime, Drusen gegen Schiiten, Sunniten gegen Säkulare aufzuwiegeln? Alle Libanesen haben den Bürgerkrieg im Kopf, der zwischen 1975 und 1990 mehr als 90.000 Tote forderte. Sollte der Libanon erneut einen Bürgerkrieg durchmachen, dürfte dies das Ende des Christentums im Land sein. Längst sind die Christen eine Minderheit, ihre einst starken Milizen sind aufgelöst. Den Christen bleibt nur der Weg, zwischen Katakomben und Kompromissen zu wählen. Massaker und Vertreibungen werden die einen erleben, eine falsche Solidarisierung mit den Terroristen die anderen. Schon in den letzten Jahren setzte eine massenhafte Ausreisewelle ein. Die Christen im Libanon, dem Irak, Syrien und Jordanien suchten ihre Rettung in Europa und Amerika.
Nutzen wir die Zeit, um den Geschwistern im Nahen Osten auf jede Art beizustehen.
(www.h-m-k.org)
~*~
Im Süden des Landes haben die extremistischen Muslime der Hisbollah faktisch einen eigenen Staat gegründet. Von dort aus beschießen sie israelische Ortschaften mit Raketen und liefern sich kleine Scharmützel mit der israelischen Armee.
Doch Anfang Juli überspannten die Extremisten den Bogen. Sie entführten zwei israelische Soldaten und verschleppten sie in ihre Verstecke im Libanon. Daraufhin griff die israelische Armee Dutzende von Zielen im Zedernland an. Die Aufforderung war klar: Libanons Regierung soll endlich für Ordnung und Stabilität sorgen und die fanatische Miliz auflösen. Doch Libanons Regierung ist schon lange nicht mehr Herr im eigenen Haus. Die Bevölkerungsentwicklung der letzten Jahre hat den ausgeklügelten Religionskompromiss von 1943 längst überholt. Damals, bei der Unabhängigkeit, wurden Regierungs- und Parlamentssitze nach der Größe der religiösen Gruppen vergeben. Christen, Sunniten und Schiiten teilten sich die Macht im Land aus Angst, der jeweils Andere könnte stärker werden. Ein ständiges Belauern war die Folge.
Angst vor dem Bruderkampf
So kam der Bürgerkrieg von 1975 nicht ganz unerwartet. In einem jahrelangen Hauen und Stechen versank das blühende Land im Chaos. Massaker, Straßenkämpfe, Bombenattentate – jeden Tag floss Blut. Diese Erfahrung steckt jedem Libanesen in den Knochen, weshalb er nichts mehr fürchtet, als einen neuerlichen Ausbruch des Bruderkampfes. Nur so ist es zu verstehen, dass die Regierung jahrelang zusah, wie eine Terrorbande im Süden des Landes einen Staat im Staate errichten konnte. Die Hisbollah provozierte aber nicht nur Israel. Auch die letzten Christen im Süden des Landes sind der Willkür und dem Wahn der „Gotteskrieger“ ausgesetzt.
Für viele Christen war und ist es unverständlich, wie ihre eigene Regierung dem Treiben der Hisbollah zusehen konnte. Unbegreiflich ist auch die Passivität der vielbeschworenen „Weltgemeinschaft“. Kann man sich vorstellen, daß eine antifranzösische Terrorgruppe in der Nähe von Freiburg Raketenstellungen aufbaut und immer wieder tödliche Geschosse nach Straßburg oder Mühlhausen schießt? Wie würde die französische Regierung sich verhalten? Müsste sie nicht die Deutschen auffordern, das Treiben der Terroristen zu unterbinden? Und wenn dies nicht geschähe, aus Angst oder Sympathie, müsste nicht die französische Armee für Ordnung an ihren Grenzen sorgen?
In dieser Lage ist der Libanon. Die eigene Armee ist ein Zwerg im Vergleich zur hochgerüsteten Hisbollah. Jeff Gedmin, Leiter des Aspen-Instituts, einer politikwissenschaftlichen Denkfabrik, in Berlin, sagt wehmütig: „Es bleibt Israel überlassen, die schmutzige Arbeit zu tun.“
Auf staubigen Straßen
Alles drängt, fährt und schiebt sich nach Norden. Im Süden herrschen Krieg und Terror. Auf den staubigen Landstraßen bewegen sich die Flüchtlingstrecks voran. Es ist heiß, die Straßen sind schlecht, kaum einer hat Benzin für einen Wagen. Zu Fuß, auf Eseln und Pferden geht es vorwärts. Die Kinder schreien, die Alten grämen sich. In all dem Durcheinander muss jeder darauf achten, dass die Familien nicht getrennt werden.
Völlig erschöpft können die Flüchtlinge nur auf gnädige Aufnahme von Verwandten, Freunden oder Glaubensgeschwistern hoffen. Vera H. hilft christlichen Flüchtlingen seit Jahren, die im Libanon stranden. „Zuerst halfen wir den christlichen Sudanesen, nach 2003 den immer zahlreicher werdenden irakischen Flüchtlingen und jetzt kümmern wir uns um unsere ‚eigenen’ Leute“. Die Christen im Nahen Osten sind gut vernetzt. Ärzte schließen ihre Praxen, um im Libanon zu helfen, Lastwagenfahrer nehmen Urlaub und transportieren Decken und Lebensmittel zu den Bedrängten. In Stunden freiwilliger Arbeit packen Gemeinden Pakete und sammeln Spenden. Die HMK hat für die Soforthilfe 20.000 Euro an die nahöstlichen Partner transferiert, damit
die ersten Kosten sofort bezahlt werden können.
Auch einige christliche Familien der Fischer von Tyrus machten sich auf den Weg in den Norden. Seit etwa drei Jahren begannen sie, ihre missliche Situation zu meistern. Durch einen HMK-Fonds erhielten sie Geld, um neue Netze zu kaufen, ihre Boote reparieren zu lassen und so den Sabotageakten der Hisbollah entgegenzuwirken. Damit ist es jetzt vorbei. Der Hafen von Tyrus ist natürlich ein militärisch herausragendes Ziel. Auch hier hat sich die Hisbollah berechnend-feige mitten unter die Zivilisten geschlichen. Sie stationieren ihre Raketenwerfer neben harmlosen Bootshäusern. Die israelische Armee kann so nur verlieren: entweder sie scheut den Angriff, um zivile Opfer zu vermeiden, dann kann die Hisbollah ungefährdet terrorisieren. Oder die Armee beschießt die Raketenstellung, es kommt zu zivilen Opfern und Israel steht vor der Welt als skrupelloser Kindermörder da. „Einige der Fischerfamilien konnten wir mit Handy in Richtung Beirut lotsen. Bei einigen dauerte das Tage“, sagt Vera H. „Andere sind verschollen. Wir wissen, dass sie Tyrus verlassen haben, doch ihre Spur verliert sich irgendwo auf der Straße nach Norden.“ Und es gibt die besonders Trotzigen: die ihre Stadt nicht verlassen und eher sterben, als zu flüchten. Zu ihnen wird man erst nach einem Waffenstillstand Kontakt aufnehmen können.
Falsche Solidarität
„Was mich am meisten ärgert“, erzählt George H., ein Christ aus dem Süden, „ist, dass man mich jetzt in eine Solidarität mit der Hisbollah drängen will. Die letzten sechs Jahre töteten die fanatischen Muslime viele meiner Freunde, ich wurde wegen meines Glaubens diskriminiert. Es ist gut, wenn die Hisbollah unser Land verlassen muss, wie auch immer.“ Dem widerspricht sein Freund Jeremias. Er grollt den Israelis noch immer, dass sie vor sechs Jahren den Süden einseitig räumten. „Wir hatten die Hisbollah auf dem Hals. Wir Christen können es drehen wie wir wollen. Entweder besetzen uns die Israelis oder die einheimischen Muslime vertreiben uns. Was ist das für eine Wahl?“ So geht der Konflikt mitten durch die Christen.
Was droht als Nächstes? Kommt der von allen gefürchtete Bruderkrieg? Gelingt es den Scharfmachern auf allen Seiten, Christen gegen Muslime, Drusen gegen Schiiten, Sunniten gegen Säkulare aufzuwiegeln? Alle Libanesen haben den Bürgerkrieg im Kopf, der zwischen 1975 und 1990 mehr als 90.000 Tote forderte. Sollte der Libanon erneut einen Bürgerkrieg durchmachen, dürfte dies das Ende des Christentums im Land sein. Längst sind die Christen eine Minderheit, ihre einst starken Milizen sind aufgelöst. Den Christen bleibt nur der Weg, zwischen Katakomben und Kompromissen zu wählen. Massaker und Vertreibungen werden die einen erleben, eine falsche Solidarisierung mit den Terroristen die anderen. Schon in den letzten Jahren setzte eine massenhafte Ausreisewelle ein. Die Christen im Libanon, dem Irak, Syrien und Jordanien suchten ihre Rettung in Europa und Amerika.
Nutzen wir die Zeit, um den Geschwistern im Nahen Osten auf jede Art beizustehen.
(www.h-m-k.org)
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robinhood - 20. Sep, 11:49